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BaFin veröffentlicht Marktstudie zur ESG-Datennutzung durch Kapitalverwaltungsgesellschaften

  • 19.02.2024
  • von Thorsten Neufeld
  • Grundsatzblog

Am 14.02.2024 hat die BaFin eine Marktstudie zur Erhebung von und Umgang mit ESG-Daten und ESG-Ratingverfahren durch Kapitalverwaltungsgesellschaften veröffentlicht.

Hintergrund: Seitdem sich die Vereinten Nationen am 25. September 2015 auf einem Gipfeltreffen in New York zu 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) verpflichtet haben, hat sich im Hinblick auf die Nachhaltigkeit in der Finanzwelt viel bewegt. Galt es doch, diese allgemein gehaltenen 17 SDGs für die nationalen Umsetzungen greifbar zu machen.

Somit veröffentlichte die Europäische Kommission 2018 den Aktionsplan „Finanzierung Nachhaltigen Wachstums“, womit durch einen regulatorischen Rahmen die Weichen für einen nachhaltigen Finanzsektor in Europa gestellt wurden. Verbindliche Definitionen für ein "Nachhaltiges Wirtschaften" folgten 2020 mit der EU-Taxonomieverordnung. Die seit März 2021 geltende Offenlegungsverordnung (Sustainable Finance Disclosure Regulation) sichert zudem Anleger*innen die Transparenz bei Nachhaltigkeitscharakteristiken von Finanzprodukten, Finanzberatern und Finanzmarktteilnehmern zu. Damit sind seither Anlageentscheidungen gemäß der individuellen Nachhaltigkeitspräferenz möglich.

Zur Umsetzung Ihrer Offenlegungspflichten benötigen Finanzmarktteilnehmer wie z. B. Kapitalverwaltungsgesellschaften die Nachhaltigkeitsdaten ihrer Zielinvestments. Dabei greifen sie zumeist auf entsprechende Ratinganbieter zurück. Um nicht dem Vorwurf des sogenannten Greenwashings ausgesetzt zu werden, ist hier besondere Sorgfalt gefragt.

Zielsetzung der BaFin-Marktstudie

Mangels eines einheitlichen Standards für die benötigten Nachhaltigkeitsdaten, sogenannte ESG-Daten (E - Environmental, S - Social, G - Governance), und einer noch immer lückenhaften Datenverfügbarkeit sehen sich die Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVGen) mit praktischen Umsetzungserschwernissen beim Bezug der notwendigen ESG-Daten konfrontiert. Vor diesem Hintergrund hat die BaFin im Juni 2023 insgesamt 30 KVGen mit Sitz in Deutschland befragt, um deren Probleme bei der Erhebung und dem Umgang mit ESG-Daten und Ratings zu identifizieren.

Zur Abrundung wurden sechs ausgewählte ESG-Ratinganbieter nach der Berechnungslogik ihrer ESG-Ratings und Beispieldaten zu Wertpapieren des MSCI-World befragt.

Überblick wesentlicher Ergebnisse:

  1. Größtenteils greifen KVGen zur Erhebung von ESG-Daten und Ratings auf externe Datenanbieter zurück
  2. Mehr als 70% der KVGen nutzen mehr als einen Anbieter, wobei die Daten der unterschiedlichen Anbieter zumeist intern konsolidiert werden
  3. Die große Mehrheit der KVGen verplausibilisiert zur Qualitätssicherung die extern bezogenen ESG-Daten. Das Vorgehen ist dabei sehr unterschiedlich.
  4. 60% der KVGen hatten bereits Probleme mit ihren Anbietern (geringe Datenabdeckung / unzureichende Datenqualität)
  5. 1/3 der KVGen hat sich bereits mindestens einmal von ihrem Anbieter getrennt
  6. Unzureichende Aktualität und Vergleichbarkeit der Daten unterschiedlicher Anbieter
  7. Geringe Abdeckung von Taxonomie-Daten und deren Abweichungen zu gesetzlich vorgeschriebenen Anforderungen
  8. 2/3 der KVGen sind der Ansicht, dass die Datenanbieter mit einer höheren Sorgfalt arbeiten sollten
  9. Unangemessen hoch empfundene Kosten für den Bezug von ESG-Daten (u.a. durch starke Marktmacht aufgrund geringer Anzahl an Datenanbietern)
  10. Wunsch nach höherer Transparenz bei der Methodik

Die BaFin sieht nach eigener Befragung der Datenanbieter die Probleme der mangelnden Vergleichbarkeit von ESG-Daten und der mangelnden Transparenz bei den Methodiken bestätigt. Sie erwartet, dass der Verordnungsentwurf der Europäischen Kommission zur Regulierung von ESG-Ratingaktivitäten einen Teil der im Rahmen der Studie festgestellten Probleme lösen wird. Dieser stellt verschiedene Transparenz- und Governanceanforderungen an die Ratinganbieter, insbesondere in Bezug auf ihre Methodik und ihre Informationsquellen.

Bis dahin appelliert die BaFin an die ESG-Daten- und Ratinganbieter, dass sie ihre Methoden im Detail und auf eine verständliche und einfache Weise offenlegen sowie in einem angemessenen Zeitrahmen auf Rückfragen ihrer Kunden reagieren.

Quelle: https://www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/dl_ESG-Studie_PDF_20240214.html

Sprechen Sie hierzu gerne an:

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Tobias Grollmann

Spezialistenteams Banken
Abteilungsleiter
Fachlicher Leiter Spezialistenteam
Nachhaltigkeit/Sustainable Finance